Lange Zeit blieb Eulenspiegel in Köln in der Herberge. Einmal begab es sich, daß man das Essen so spät zum Feuer brachte, daß es später Mittag wurde, ehe die Kost fertig war. Eulenspiegel verdroß es sehr, daß er so lange fasten sollte. Der Wirt sah es ihm wohl an, daß es ihn verdroß, und er sprach zu ihm: wer nicht warten könne, bis die Kost zubereitet sei, der möge essen, was er habe. Eulenspiegel ging in eine Ecke und aß eine trockene Semmel auf. Dann setzte er sich an den Herd und beträufelte den Braten, bis er gar war.
Als es zwölf schlug, wurde der Tisch gedeckt, und das Essen wurde gebracht. Der Wirt setzte sich zu den Gästen, aber Eulenspiegel blieb in der Küche am Herd. Der Wirt sprach: "Wie, Eulenspiegel, willst du nicht mit am Tisch sitzen?" "Nein", sagte er, "ich mag nichts mehr essen, ich bin durch den Geruch des Bratens satt geworden." Der Wirt schwieg und aß mit den Gästen, die nach dem Essen ihre Zeche bezahlten. Der eine ging fort, der andere blieb, und Eulenspiegel saß bei dem Feuer.
Da kam der Wirt mit dem Zahlbrett, war zornig und sprach zu Eulenspiegel, er möge zwei kölnische Weißpfennige für das Mahl darauflegen. Eulenspiegel sagte: "Herr Wirt, seid Ihr ein solcher Mann, daß Ihr Geld von einem nehmt, der Eure Speise nicht gegessen hat?" Der Wirt sprach feindlich, er müsse das Geld geben. Habe Eulenspiegel auch nichts gegessen, so sei er doch von dem Geruch satt geworden. Er habe bei dem Braten gesessen, das sei soviel, als habe er an der Tafel gesessen und habe gegessen. Das müsse er ihm für eine Mahlzeit anrechnen. Da zog Eulenspiegel einen kölnischen Weißpfennig hervor, warf ihn auf die Bank und sprach: "Herr Wirt, hört Ihr diesen Klang?" Der Wirt sagte: "Diesen Klang höre ich wohl." Eulenspiegel nahm schnell wieder den Pfennig auf, steckte ihn in seinen Säckel und sprach: "Soviel Euch der Klang des Pfennigs hilft, soviel hilft mir der Geruch des Bratens in meinem Bauch." Der Wirt wurde unwirsch, denn er wollte den Weißpfennig haben, aber Eulenspiegel wollte ihm den nicht geben und das Gericht entscheiden lassen. Der Wirt gab es auf und wollte nicht vor das Gericht. Er befürchtete, daß Eulenspiegel es ihm so heimzahlen würde wie mit dem Klapptisch, ließ ihn im guten fortgehen und schenkte ihm die Zeche.
Eulenspiegel zog von dannen, wanderte fort vom Rhein und zog wieder in das Land Sachsen.
Mit Eifer reiste Eulenspiegel von Rostock weg, als er die Schalkheit verübt hatte, und ging zur Herberge in einen Flecken. In dem Haus war nicht viel zu essen, denn dort herrschte eitel Armut. Der Wirt im Haus hatte viele Kinder, und bei ihnen war Eulenspiegel nur ungern. Eulenspiegel band sein Pferd im Stall fest, ging in das Haus, kam zur Feuerstelle und fand einen kalten Herd und eine leere Wohnung. Da begriff er, daß hier nichts als Armut war. Er sprach: "Herr Wirt, Ihr habt böse Nachbarn." Der Wirt sagte: "Ja, Herr Gast, das habe ich; sie stehlen mir alles, was ich im Hause habe."
Da mußte Eulenspiegel lachen und dachte: hier ist der Wirt wie der Gast. Er hatte wohl Lust dazubleiben, aber die Kinder mochte er nicht leiden, denn er sah, daß sie ihre Notdurft hinter der Haustür verrichteten, ein Kind nach dem andern. Da sprach Eulenspiegel zu dem Wirt: "Wie sind doch Eure Kinder unsauber! Haben sie keine Stelle, wo sie ihre Notdurft verrichten können als hinter der Haustür?" Der Wirt sagte: "Herr Gast, was scheltet Ihr darüber? Mir mißfällt nichts daran, ich schaffe es morgen hinweg."
Eulenspiegel schwieg. Später, als er seinen Drang verspürte, schiß er einen großen Haufen Dreck an das Feuer. Als er bei seinem Werke war, kam der Wirt und sprach: "Daß dich das Fieber schüttle! Scheißt du an das Feuer? Ist der Hof nicht groß genug?" Eulenspiegel sagte: "Herr Wirt, was scheltet Ihr darüber? Das macht mir nichts aus, ich schaffe es täglich weg."
Und er setzte sich auf sein Pferd und ritt zum Tor hinaus. Der Wirt rief ihm nach: "Halt, und schaffe den Dreck von dem Herd weg!" Eulenspiegel sprach: "Wer der letzte ist, der kehre das Haus! So wird mein Dreck und Euer Dreck zugleich ausgekehrt."
Nun begab es sich, daß Eulenspiegel in ein Dorf in der Nähe von Staßfurt kam. In einem Haus fand er die Wirtin allein. Die Wirtin hatte ein zierliches Hündlein, das sie sehr liebte. Es mußte ihr allezeit auf dem Schoß liegen, wenn es nichts anderes vorhatte.
Eulenspiegel saß am Feuer und trank aus der Kanne. Die Frau hatte den Hund daran gewöhnt: Wenn sie Bier trank, gab sie dem Hund auch Bier in eine Schüssel, damit er ebenfalls trinken konnte. Als nun Eulenspiegel dasaß und trank, stand der Hund auf, schmeichelte sich an Eulenspiegel heran und sprang an seinem Hals empor. Das sah die Wirtin, und sie sprach: "Ach, gebt ihm auch zu trinken in der Schüssel! Das ist sein Wunsch." Eulenspiegel sagte zu ihr: "Gern". Die Wirtin ging und tat die Dinge, die sie zu erledigen hatte. Eulenspiegel trank und gab dem Hund auch zu trinken in der Schüssel und legte darein noch einen Bissen Fleisch, so daß der Hund satt wurde, sich ans Feuer legte und sich ausstreckte, so lang er war.
Dann sagte Eulenspiegel zu der Wirtin: "Wir wollen abrechnen" und sprach weiter: "Liebe Wirtin, wenn ein Gast Eure Kost ißt und von Eurem Bier trinkt und kein Geld hat, borgt Ihr dem Gast?" Die Wirtin dachte nicht daran, daß er den Hund meinen könnte, sondern glaubte, er selbst sei dieser Gast, und sagte zu ihm: "Herr Gast, man borgt hier nicht, man muß Geld geben oder ein Pfand." Eulenspiegel sprach: "Damit bin ich für meinen Teil zufrieden; ein anderer sorge für das Seine!" Dann ging die Wirtin fort. Und sobald Eulenspiegel es zuwege bringen konnte, nahm er den Hund unter den Rock und ging mit ihm in den Stall. Dort zog er ihm das Fell ab und ging wieder in das Haus zum Feuer und hatte das Fell des Hundes unter dem Rock. Dann hieß Eulenspiegel die Wirtin kommen und sagte wiederum: "Laßt uns abrechnen."
Die Wirtin rechnete, und Eulenspiegel legte die halbe Zeche hin. Da fragte die Wirtin, wer die andere Hälfte bezahlen solle, er habe das Bier doch allein getrunken. Eulenspiegel sagte: "Nein, ich habe es nicht allein getrunken, ich hatte einen Gast. Der trank mit, und der hat kein Geld, aber er hat ein gutes Pfand; der soll die andere Hälfte bezahlen." Die Wirtin sprach: "Was ist das für ein Gast? Was habt Ihr für ein Pfand?" Eulenspiegel antwortete: "Das ist sein allerbester Rock, den er anhatte." Und er zog das Hundefell unter dem Rock hervor und sprach: "Seht, Wirtin, das ist der Rock des Gastes, der mit mir trank."
Die Wirtin erschrak und sah, daß es ihres Hundes Fell war. Sie wurde zornig und sprach: "Daß dir nimmer Glück geschehe! Warum hast du mir meinen Hund abgezogen?" Und sie fluchte. Eulenspiegel antwortete: "Wirtin, das ist Eure eigene Schuld, also laß ich Euch fluchen. Ihr sagtet mir selbst, ich solle dem Hund einschenken. Und ich sagte, der Gast habe kein Geld. Ihr wolltet ihm nicht borgen, Ihr wolltet Geld oder Pfand haben. Da er kein Geld hatte und das Bier bezahlt werden mußte, so mußte er den Rock als Pfand lassen. Den nehmt jetzt für sein Bier, das er getrunken hat."
Die Wirtin wurde noch zorniger und hieß ihn aus dem Haus gehen; und er solle niemals wiederkommen. Eulenspiegel sprach: "Ich will aus Euerm Haus nicht gehn, sondern reiten." Und er sattelte sein Pferd, ritt zum Tor hinaus und sagte: "Wirtin, bewahrt das Pfand so lange auf, bis ich Euer Geld zusammengebracht habe, dann will ich noch einmal ungeladen wiederkommen. Wenn ich dann nicht mit Euch trinke, brauche ich auch kein Bier zu bezahlen."
Hört, was Eulenspiegel weiter in dem Dorf bei Staßfurt getrieben hat! Er zog andere Kleider an und ging wieder in seine vorige Herberge. In dem Haus sah er ein Rad stehen. Da legte er sich oben auf das Rad, bot der Wirtin einen guten Tag und fragte sie, ob sie nicht etwas von Eulenspiegel gehört habe. Sie antwortete, was sie wohl von dem Schalk hören solle, am liebsten möchte sie ihn gar nicht nennen hören.
Eulenspiegel sprach: "Frau, was hat er Euch getan, daß Ihr ihm so gram seid? Wo er hinkam, da schied er freilich nicht ohne Schalkheit." Die Frau sagte: "Das habe ich wohl gemerkt. Er kam auch hierher, schund mir meinen Hund und gab mir das Fell für das Bier, das er getrunken hatte." Eulenspiegel sprach: "Frau, das war nicht wohl getan." Die Wirtin sagte: "Es wird ihm auch schändlich ergehen." Er sprach: "Frau, das ist schon geschehn, er liegt auf dem Rad." Die Wirtin sagte: "Dafür sei Gott gelobt!" Eulenspiegel sprach: "Ich bin es. Ade, ich fahre dahin."
Boshafte und zornige Nachreden bringen bösen Lohn. Als Eulenspiegel von Rom zurückreiste, kam er in ein Dorf, in dem eine große Herberge war. Der Wirt war nicht zu Hause. Da fragte Eulenspiegel die Wirtin, ob sie Eulenspiegel kenne. Die Wirtin antwortete: "Nein, ich kenne ihn nicht. Aber ich habe von ihm gehört, daß er ein auserlesener Schalk ist." Eulenspiegel sprach: "Liebe Wirtin, warum sagt Ihr, daß er ein Schalk ist, wenn Ihr ihn nicht kennt?" Die Frau sagte: "Was ist daran gelegen, daß ich ihn nicht kenne? Das macht doch nichts; die Leute sagen eben, er sei ein böser Schalk." Eulenspiegel sprach: "Liebe Frau, hat er Euch je ein Leid angetan? Wenn er ein Schalk ist, so wißt Ihr das nur vom Hörensagen; darum wißt Ihr nichts Eigentliches von ihm zu sagen." Die Frau sprach: "Ich sage es so, wie ich es von den Leuten gehört habe, die bei mir aus- und eingehen."
Eulenspiegel schwieg. Des Morgens stand er ganz früh auf und scharrte die heiße Asche auseinander. Dann ging er zum Bett der Wirtin und nahm sie aus dem Schlaf. Er setzte sie mit dem bloßen Arsch auf die heiße Asche, verbrannte ihr den Arsch gar sehr und sprach: "Seht, Wirtin, nun könnt Ihr von Eulenspiegel sagen, daß er ein Schalk ist. Ihr empfindet es jetzt, und Ihr habt ihn gesehen. Hieran mögt Ihr ihn erkennen." Das Weib fing an zu jammern, aber Eulenspiegel ging aus dem Haus, lachte und sprach: "Also soll man die Romfahrt vollbringen."
Böse Schalkheit verübte Eulenspiegel in Frankfurt an der Oder. Dorthin wanderte er mit einem Pfaffen, und beide zogen in dieselbe Herberge. Am Abend behandelte sie der Wirt sehr freundlich und gab ihnen Fisch und Wildbret. Als sie zu Tisch gingen, setzte die Wirtin den Pfaffen obenan, und das Gute in den Schüsseln legte sie dem Pfaffen vor. Sie sagte: "Herr, esset das um meinetwillen." Eulenspiegel saß unten am Tisch, sah den Wirt und die Wirtin dauernd an, aber niemand legte ihm etwas vor oder hieß ihn essen, obwohl er doch gleichviel bezahlen mußte.
Als das Mahl beendet und es Schlafenszeit war, wurden Eulenspiegel und der Pfaffe in die gleiche Kammer gelegt. Für jeden wurde ein schönes, sauberes Bett bereitet, in dem sie schliefen. Am Morgen stand der Pfaffe zu passender Stunde auf, betete die ihm vorgeschriebene Zeit, bezahlte danach den Wirt und zog weiter.
Eulenspiegel blieb liegen, bis es neun Uhr schlagen wollte, dann schiß er in das Bett, darin der Pfaffe gelegen hatte, einen großen Haufen. Die Wirtin fragte den Hausknecht, ob der Pfaffe und die anderen Gäste aufgestanden seien und ob sie abgerechnet und bezahlt hätten. Der Knecht sprach: "Ja, der Pfaffe stand frühzeitig auf, betete seine Zeit, bezahlte und wanderte weiter. Aber den anderen Gesellen habe ich heute noch nicht gesehen." Die Frau befürchtete, er sei krank, ging in die Kammer und fragte Eulenspiegel, ob er nicht aufstehen wolle. Er sagte: "Ja, Wirtin, mir war bisher nicht recht wohl."
Indessen wollte die Frau die Bettlaken vom Bett des Pfaffen nehmen. Als sie es aufdeckte, lag ein großer Dreck mitten im Bett. "Ei, behüte mich Gott", sprach sie, "was liegt hier?" "Ja, liebe Wirtin, das wundert mich nicht", sagte Eulenspiegel, "denn was zum Abendessen an Gutem auf den Tisch kam: davon wurde das Allerbeste dem Pfaffen vorgelegt. Und den ganzen Abend wurde nur gesagt: "Herr, eßt das auf!" Da der Pfarrer so viel gegessen hatte, wundert es mich, daß es bei dem Haufen im Bett geblieben ist und daß er die Kammer nicht auch noch voll geschissen hat." Die Wirtin fluchte dem unschuldigen Pfaffen und sagte, wenn er wiederkomme müsse er weitergehn; aber Eulenspiegel, den braven Knecht, den wolle sie gern wieder beherbergen.